Recycling

Elektronik-Altgeräte im Kreislauf

Mann arbeitet mit Leiterplatten in einer Werkstatt mit Regalen im Hintergrund.

    Elektronik-Altgeräte im Kreislauf

    Wie ein Recycler Wertstoffe zurückbringt

    Stannol hat im Sommer Anteile des Recyclingunternehmens demotronic im nordrhein-westfälischen Espelkamp übernommen. Das Ziel: Wertstoffkreisläufe zu schließen und das Recycling von Elektronik-Altgeräten voranzutreiben. Denn: Mit einer Sammelquote von nur rund 30 Prozent im Jahr 2023 verfehlt Deutschland laut Umweltbundesamt die gesetzliche Vorgabe von 65 Prozent bei weitem. 

    demotronic gehört zu den Unternehmen, die das ändern möchten. Der Recycler bietet dazu Dienstleistungen in drei zentralen Bereichen: die fachgerechte Entsorgung von Elektro-Altgeräten aus dem B2B-Bereich, qualifizierte Transporte sowie die sichere Datenvernichtung. Das Unternehmen konzentriert sich dabei auf Kunden aus Handel und Industrie – ergänzt durch öffentliche Einrichtungen wie Ministerien, Stadtverwaltungen und Stadtwerke sowie Institutionen aus dem Bildungs- und Gesundheitswesen wie Schulen und Krankenhäuser.

    Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe

    Mann fährt Gabelstapler mit Metallkiste in Lagerhalle.
    Das Unternehmen führt jährlich rund 3.000.000 kg Elektro-Altgeräte wieder in den Kreislauf zurück und verarbeitet mehr als 10.000 Computer, Server und Notebooks. Foto: Willie von Recklinghausen

    Im Fokus steht dabei stets die Rückgewinnung von Materialien, die ausschließlich aus Elektronikaltgeräten stammen. Die entstehenden Stoffströme werden durch eine vorgelagerte Sortierung und – je nach Anforderung – gezielte manuelle Demontage differenziert aufbereitet. „Die Hauptfraktionen umfassen dabei unterschiedliche Kategorien von E-Altgeräten: hochwertige Fraktionen mit Leiterplattenanteil, minderwertige kunststofflastige Fraktionen sowie klassische Schredder-Vor- bzw. Mischschrotte. 

    Ergänzend werden spezifische Gerätegruppen wie Drucker als eigene Fraktion geführt“, erklärt Andre Gronemeier, Prokurist bei demotronic. Ein besonderer Schwerpunkt liegt zudem in der Demontage der Leiterplatten, aus denen wertvolle Edelmetalle wie Gold, Silber, Palladium und Kupfer zurückgewonnen werden. Weitere getrennte Materialströme – etwa die Kabelfraktion – ergänzen das Stoffstromportfolio. „Insgesamt bildet diese strukturierte Trennung die Basis für eine effiziente und ressourcenschonende Weiterverwertung“, betont demotronic-Geschäftsführer Achim Wenzel.

    EAR-Beratung für Unternehmen

    Zudem bietet das Unternehmen eine umfassende EAR-Beratung. Die Stiftung Elektro-Altgeräte Register (EAR) ist die deutsche Behörde, die im Rahmen der europäischen WEEE-Richtlinie Hersteller und Inverkehrbringer von Elektro- und Konsumgütern registriert, überwacht und zur Finanzierung des Elektronik-Altgeräte-Recyclings verpflichtet. Da hier häufig komplexe Pflichten und Auslegungsfragen auftreten, unterstützt demotronic mit fachkundiger Beratung und praxisnahen Lösungen. 

    Ein typisches Beispiel aus der Beratungspraxis zeigt, wie schnell Verstöße entstehen können: „In einem Unternehmen wurden Elektroaltgeräte in offenen Außen-Containern gelagert – ein klarer Verstoß gegen die Vorgaben zur witterungsgeschützten Sammlung. Durch entsprechende Hinweise sowie geeignete Alternativen wie geschlossene Rollbehälter oder Boxensysteme konnten wir hier schnell Abhilfe schaffen“, erklärt Andre Gronemeier. 

     

    Zertifizierungen & Qualifikationen

    • Erstbehandlungsanlage nach ElektroG – gesetzeskonforme Behandlung von Elektroaltgeräten
    • Entsorgungsfachbetrieb
    • DIN EN ISO 9001 – Qualitätsmanagement
    • ISO 14001 – Umweltmanagement
    • DIN 66399 – zertifizierte Datenvernichtung
    Person arbeitet an Elektronikplatine in Lagerhalle mit Regalen.
    Die Demontage der Leiterplatten erfolgt ausschließlich in Handarbeit durch geschultes Personal. Foto: Willie von Recklinghausen
    Nahaufnahme eines abgeschnittenen Kabels mit sichtbaren Kupferdrähten, unscharfer Hintergrund.
    Elektrokabel werden zunächst geschält, um das wertvolle Milberry-Kupfer zu entnehmen.
    Serverraum mit mehreren gestapelten Computereinheiten hinter einem Gitter.
    Auch Server und Rechner werden vom Fachpersonal komplett demontiert.

    Sichtung und Sortierung erfordert Expertise

    Person arbeitet an Elektronikplatine in Lagerhalle mit Regalen.
    Die Demontage der Leiterplatten erfolgt ausschließlich in Handarbeit durch geschultes Personal. Foto: Willie von Recklinghausen
    Nahaufnahme eines abgeschnittenen Kabels mit sichtbaren Kupferdrähten, unscharfer Hintergrund.
    Elektrokabel werden zunächst geschält, um das wertvolle Milberry-Kupfer zu entnehmen.
    Serverraum mit mehreren gestapelten Computereinheiten hinter einem Gitter.
    Auch Server und Rechner werden vom Fachpersonal komplett demontiert.

    Bei der Aufbereitung der Altgeräte erfolgt zunächst eine differenzierte Sortierung nach wertgebenden Komponenten. Dieser Schritt wird ausschließlich von geschultem Personal durchgeführt, da fundierte Kenntnisse und Erfahrung notwendig sind, um Altgeräte und kleinteilige Materialien korrekt zu beurteilen und den richtigen Fraktionen zuzuordnen. 

    Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Aufbereitung von Leiterplatten – der „Königsdisziplin“ des Elektronikrecyclings. Die Leiterplatten werden getrennt gesammelt, von qualifizierten Mitarbeitenden in Qualitätsstufen sortiert und anschließend an spezialisierte Hüttenbetriebe vermarktet. Dort erfolgt die Rückgewinnung wertvoller Edel- und Buntmetalle wie Gold, Silber, Palladium und Kupfer.

    Neben der Identifikation von Leiterplatten spielt die getrennte Erfassung verschiedener Kabelfraktionen eine zentrale Rolle. Kabel werden entsprechend ihres Aufbaus in mehrere Kategorien unterteilt; besonders massive Energiekabel werden zusätzlich in einer eigenen Anlage geschält, um hochwertiges Millberry-Kupfer zu gewinnen.

    Im weiteren Prozess bewerten die Mitarbeitenden visuell, ob sich eine Demontage wirtschaftlich lohnt. Enthält ein Gerät ausreichend wertvolle Materialien, wird es gezielt zerlegt. Ist der Materialwert hingegen zu gering, gelangen diese Fraktionen direkt in den Schredderprozess. 

    „Als fachkundiger Betrieb können wir ein breites Spektrum an Materialien entsprechend der einschlägigen Abfallschlüsselnummern annehmen und entsorgen – einschließlich gefährlicher Abfälle wie TFT-Bildschirme, Nachtspeicheröfen, Kühlgeräte, Leuchtstoffröhren oder Toner. Bei diesen Materialien arbeiten wir mit zertifizierten Partnern zusammen. Auf diese Weise lässt sich für nahezu jeden Anwendungsfall eine rechtssichere und technisch geeignete Entsorgungslösung bereitstellen“, erklärt Achim Wenzel. „Wichtig ist für uns, dass wir dem Kunden möglichst alle anfallenden Altgeräte abnehmen, um einen Full-Service bieten zu können.“

     

    Sichere und rechtskonforme Datenvernichtung

    Metallkisten mit dem Schriftzug "demotronic", Nahaufnahme.
    Abschließbare Sammelbehälter sorgen dafür, dass Dritte keinen Zugriff auf entsorgte Datenträger haben. Foto: Willie von Recklinghausen
    Festplatten werden von einem Metallschredder zerkleinert.
    Die Datenträger dürfen nach der Vernichtung nicht mehr rekonstruierbar sein.

    Die Datenvernichtung nach DIN 66399 unterliegt strengen organisatorischen und technischen Vorgaben, die eine lückenlose Sicherheit entlang der gesamten Prozesskette gewährleisten. Achim Wenzel: „Die Zertifizierung wird nur erteilt, wenn sämtliche Anforderungen erfüllt sind – von der Bereitstellung abschließbarer Sammelbehälter über eine vollständige Transport- und Lieferkettendokumentation bis hin zu einem kameraüberwachten Sicherheitsbereich, in dem die Datenträger vernichtet werden.“

    Der Prozess folgt einem eng definierten Ablauf: Jeder Behälter bleibt bis zur Vernichtung abgeschlossen, alle Schritte werden protokolliert und dem Auftraggeber anschließend nachvollziehbar zur Verfügung gestellt. Bei Festplatten wird zusätzlich der individuelle Barcode gescannt, bevor der Datenträger in den Vernichtungsprozess gelangt. Ergänzend kommen GPS-überwachte Transporte zum Einsatz, die jederzeit den Standort der Lieferung dokumentieren. „Kernbestandteil der Norm sind die definierten Partikelgrößen, die nach der Zerkleinerung nicht mehr rekonstruierbar sein dürfen. Abhängig von Sicherheitsstufe und Materialart kommen unterschiedliche Siebe zum Einsatz; bereits Stufe 4 verhindert eine Wiederherstellung praktisch vollständig, Stufe 5 erhöht die Sicherheitsanforderungen nochmals deutlich“, fasst Andre Gronemeier zusammen.

    Metallkisten mit dem Schriftzug "demotronic", Nahaufnahme.
    Abschließbare Sammelbehälter sorgen dafür, dass Dritte keinen Zugriff auf entsorgte Datenträger haben. Foto: Willie von Recklinghausen
    Festplatten werden von einem Metallschredder zerkleinert.
    Die Datenträger dürfen nach der Vernichtung nicht mehr rekonstruierbar sein.

    Hohe Flexibilität, großes Know-how

    Metallkäfig voller Elektronikschrott in einem beleuchteten Lagerraum.
    Jeder Wareneingang wird zunächst individuell überprüft und fotografiert.

    Zu den zentralen Herausforderungen zählt die wirtschaftliche Bewertung der sehr heterogenen Wareneingänge. Schwankende Edelmetallpreise – etwa für Gold – können kurzfristig beeinflussen, ob eine Demontage wirtschaftlich sinnvoll ist oder ob Materialien direkt in den Entsorgungsprozess übergehen. „Da bei uns Lieferungen von rund 1.800 B2B-Kunden eintreffen, muss jede Abholung individuell geprüft werden. Aus diesem Grund fotografieren wir die eingehende Ware – die Bilder dienen als Grundlage für faire Vergütungsmodelle“, erklärt Achim Wenzel. 

    Die Bandbreite reicht dabei von nicht vergütungsfähigem Mischmaterial bis hin zu hochwertigen Rohstoffen, deren Rückvergütung mit dem Kunden verhandelt wird. Eine weitere große Herausforderung liegt zudem in der Logistik. Trotz Voranmeldungen zeigt sich häufig erst vor Ort, welche Mengen und Qualitäten tatsächlich bereitstehen und wie die vorab bereitgestellten Gitterboxen befüllt sind. Andre Gronemeier: „Überhöhte oder ungleichmäßige Beladungen der Boxen oder zusätzliche Materialien erfordern flexible Entscheidungen. Gleichzeitig müssen wir auf eine optimale Auslastung der Fahrzeuge achten, da wir den Transport in vielen Fällen kostenfrei anbieten.“ 

    Täglich neu kalkuliert

    Ein Haufen aus Kupfer- und Metallteilen, unsortiert gestapelt.
    Alte Kühlkörper gehören zu wertigem Recyclingmaterial.

    Hinzu kommen umfangreiche gesetzliche Anforderungen, etwa aus dem ElektroG oder dem Gefahrgut- und Abfallrecht. Jede Lieferung muss regelkonform transportiert, dokumentiert und weiterverarbeitet werden, insbesondere bei gefährlichen Abfällen wie TFT-Displays oder Leuchtstoffröhren. 

    „Nicht zuletzt entsteht eine tägliche Mischkalkulation: Bei jeder Abholung wird geprüft, welche Materialien Kosten verursachen, welche Wertstoffe Erlöse erzielen und ob der Kunde bei besonders hochwertigen Lieferungen eine Vergütung erhält. Trotz der hohen Komplexität bleibt der Prozess für die Kundschaft bewusst niedrigschwellig – die Kunden stellen lediglich das abzuholende Material bereit, während Bewertung, Transport, Dokumentation und fachgerechte Verarbeitung vollständig von uns organisiert werden“, betonen die Experten. 

    Erfolgsfaktor Kundennähe

    Metallkorb mit vielen elektronischen Leiterplatten.
    Den Kunden werden kostenfreie Gitterboxen zur Verfügung gestellt, die das Unternehmen in regelmäßigen Abständen abholt.

    Besonders stolz ist man auf die enge, verlässliche Kundenbetreuung und die hohe Serviceorientierung, die für eine außergewöhnlich starke Kundenbindung sorgt. Ein strukturiertes System zur regelmäßigen Kontaktaufnahme mit Bestandskunden sowie die Bereitstellung kostenfreier Gitterboxen haben sich als erfolgreich erwiesen und werden von den Kunden geschätzt. 

    Zudem spielt die hohe Qualifikation des Personals eine zentrale Rolle: „Da viele Arbeitsschritte – insbesondere die Sortierung und die Demontage – reine Handarbeit erfordern, ist erfahrenes und engagiertes Fachpersonal einer unserer Erfolgsfaktoren. 

    Diese Kombination aus Kundennähe, Zuverlässigkeit und handwerklicher Kompetenz trägt maßgeblich dazu bei, dass wir langfristig stabile Kundenbeziehungen aufbauen konnten“, fasst Achim Wenzel zusammen. Das Unternehmen wird zudem regelmäßig auditiert und durchläuft pro Jahr rund acht bis zehn Überprüfungen durch Großkunden – damit findet nahezu monatlich ein Audit statt. 

    Gemeinsame Ziele: Kreislauf schließen, Potenziale nutzen

    Drei Männer vor einem "demotronic"-Banner.
    v.l.n.r.: Andre Gronemeier (Prokurist), Achim Wenzel (Geschäftsführer) und Marco Dörr (Geschäftsführer) von demotronic

    Stannol und demotronic verbindet ein ähnliches Werteverständnis und eine Überschneidung der Zielgruppen – insbesondere in der Leiterplatten- und Elektronikindustrie. „Auch die persönliche Ebene spielte für uns eine wichtige Rolle: Die Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Vertrauen und einer stimmigen „Chemie“ zwischen den beiden Unternehmen“, betont Achim Wenzel. 

    Darüber hinaus ergänzen sich die Positionen beider Firmen ideal innerhalb der Wertschöpfungskette: „Während der eine Partner am Anfang der Materialnutzung steht, sorgt der andere am Ende dafür, dass wertvolle Sekundärrohstoffe wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden. 

    Die hohe Reinheit moderner Recyclingmaterialien – heute vielfach gleichwertig zu Primärrohstoffen – unterstreicht diesen geschlossenen Kreislauf und macht die Zusammenarbeit besonders sinnvoll“, ergänzt Marco Dörr, Geschäftsführer von Stannol. 

     

    Bewusstsein schaffen – Recyclingquote erhöhen

    Beide Partner verbinden mit der Kooperation die Erwartung, den Wertstoffkreislauf noch enger zu schließen und dadurch zusätzliche Potenziale in der Rückgewinnung wertvoller Materialien zu erschließen. Ein Beispiel ist die Perspektive, Zinn künftig separiert zu erfassen und ohne Wertverluste wieder in die Produktion zurückzuführen – ein Schritt, der die stoffliche Zirkulation verbessern könnte.

    Zugleich wird die Zusammenarbeit als Chance gesehen, die Recyclingquote von Elektroaltgeräten in Deutschland zu steigern – eine stärkere Sensibilisierung gilt als zentraler Hebel, um mehr Sekundärrohstoffe in den Kreislauf zurückzubringen. Darüber hinaus erwarten beide Unternehmen, sich gemeinsam strategisch weiterzuentwickeln: „Wachstum, Erweiterung des Servicegebiets und ein zweiter Standort in Velbert, der den südlichen Raum Nordrhein-Westfalens und den Niederrhein bedienen soll, stehen momentan im Fokus. Mittelfristig wird angestrebt, das leistungsfähige Servicemodell bundesweit anbieten zu können – getragen von einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe und einem gemeinsamen Ziel“, betont Marco Dörr. 

     

    Autorin

    Auf dem Bild ist eine Frau mit halblange, blonden Haaren zu sehen. Sie trägt eine hellblaue Bluse und einen blauen Blazer. Sie lächelt freundlich in die Kamera.

    Simone Bauer

    Presse & Fachredaktion


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